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Porträt

BBIW#8 // wandelBar Eberswalde

Gesellschaft DIY Nachbarschaft Transition Town

von Lena A - 18 August 2016

„Einmal positiv zum Mitnehmen bitte!“, gurrt es in der WandelBar. Frisch aus der Saftpresse gezapft, steht zack ein Apfelgetränk naturtrüb auf dem Tisch. Hier hofft niemand auf ein Wunder als Zaubermittel gegen Krisen aller Art. Aktiv den Wandel mitgestalten, lautet die Devise. Mit ordentlich Gebrüll werkelt in Eberswalde, Barnim, eine von ungefähr 1200 weltweiten Transition-Initiativen an der guten Zukunft.

Was kann ich selbst vor Ort tun? Zum Trübsal blasen und schlechte Laune Gesichter ziehen, wenn es um Klimawandel und Peak Oil geht, gibt es so einige Alternativen, um regionaler und ressourcenschonender zu wirtschaften und zu leben. Beispielsweise Filme gucken, diskutieren, sich mit Lebensmitteln von nebenan eindecken oder mit recycelten Materialien ein Lastenrad zusammenschrauben. Inklusivität ist ein wichtiges Stichwort, sich innerhalb seiner Nachbarschaft engagieren und zusammenhalten. Wie soll unsere Gemeinschaft in Zukunft aussehen? Wandelbar in Barnim ist eine „Energie- und Kultuwandelbewegung“, bei der es darum geht, Strukturen zu verändern, zurechtzurücken und „die Region Schritt für Schritt zu einem nachhaltigen, krisenresistenteren und fröhlicheren Lebensraum für alle [zu] machen“. Was können wir heute dafür tun, um dort anzukommen?

Transition-Initiativen arbeiten mit dem System und für eine nachhaltige Ökonomie. Sie gehen davon aus, dass die Menschheit sich am Höhepunkt des Ölkonsums befindet, das die Industrie zur Produktion von Gütern benötigt und immer knapper wird. Ist dieser Punkt überschritten und die Wirtschaft bedient sich keiner Energiealternativen und produziert wie zuvor, führt das zur ökonomischen Krise, weil die Ressource Öl rarer ist und somit Güter teurer für Abnehmer*innen werden und sich die Wirtschaft schmälert. Das will Transition verhindern. Und zwar mit dem Einsatz nachhaltiger Energien. Denn wenn wir sogenannte Treibhausgase wie Kohlenstoffdioxid verbrennen, um beispielsweise Fabrikherde anzuheizen, werden diese freigesetzt, gehen in die Luft und erwärmen die Erde, weil sie die Wärme der Sonne daran hindern, sich zu verflüchtigen. Das für zu instabilem Wetter, einem grundsätzlichen Temperaturanstieg, dem Abschmelzen der Pole und so weiter – „Klimakatastrophe“.

Vielleicht war es sein Nachname, der Ingo Frost zur Mitbegründung von Wandelbar Eberswalde bewegte. Ingo wohnt seit fünf Jahren in Eberswalde und seitdem nimmt er mit seinen Mitstreiter*innen „den Wandel für bar, was hier sozusagen der Landkreis ist“. Von Berliner Freunden hört er von der Transition-Initiative, besonders das „Transition Handbook“ (Energiewende Handbuch) hat ihn sehr interessiert. Kurz darauf reist Ingo nach England und guckt sich die Wurzeln des Buchs von Nahem an. Zurück in Eberswalde gründen Transition-Theoretiker*innen und Leute aus dem „Training for Transition“, einem „Format, dass es in der ganzen Transition Bewegung gibt, wo man die Handwerkzeuge der Transition-Bewegung kennenlernt“, Wandelbar. Der Initiative geht es darum, für globale Themen zu sensibilisieren, die sich lokal auswirken und mit positiven Beispielen zu inspirieren. Sie bietet an, Menschen in Form von Wissen zu unterstützen, wie man Initiativen startet, dockt sie ans Netzwerk an und startet Zusammenarbeiten.

Das zeigen verschiedene Projekte, wie die Aktion „Saftstraße“, die möglichst viele Äpfel, die sonst verrotten, in wertvollen Saft verarbeiten. Dafür haben sie eine Saftpresse gebaut, die in Kooperation mit dem Verband der Kleingärtner ordentlich abspritzt - „das macht einfach Spaß, vor allem im Herbst, wenn die Äpfel leuchten und duften“. Letztere stehen laut Ingo für Resilienz, Versorgung“ und deshalb ist in einem dieser Kleingärten die Saftpresse aufgebaut, die Kleingärtner*innen gemeinsam mit anderen Leuten Äpfel aus dem Garten und von Alleen, Streuobstwiesen etc. befeuern. Es sind kleine Projekte, die sagen, „guck mal, es kann auch anders funktionieren, Obst und Gemüse in der Stadt anbauen, Transport anders organisieren, mit Lastenrädern oder Elektrobussen“ und eine große Bandbreite an Projekten, die Transition so fruchtbar machen. Eine „Agenda 21 von unten“ nennt Ingo die Transition-Bewegung, ein „Handwerk, den Wandel zu initiieren oder zu stärken“.Themen wie regionale Versorgung mit geht die Initiative mit Partner*innen gemeinsam an, sie stärkt bestehende Initiativen und eigene und abgeschlossene Projekte. Bei der Transition-Initiative ist durch die Vielzahl der Projekte für jede*n etwas dabei.

In Kooperation mit Hebewerk e.V. eröffnet Wandelbar eine offene Werkstatt zum Bau von Lastenrädern, die Initiativen zur Verfügung stehen. Beim Zwischenraumprojekt bewegt Wandelbar die Stadt dazu, die Mietkosten für offene Räume zur Nutzung durch Initiativen wie Repair Cafés, vegetarische Kochgruppen oder Freifunk zu übernehmen. Der „Stadtführer Gut Zu Wissen“, führt Projekte und Orte des Wandels in vor Ort zusammen. Der neue Blumenplatz ist ein Blumengarten mit kulturellem Kontext, der in Zusammenarbeit von Künstler Shorty Scheumann und Gartenarchitekt Andreas Tim „den Wandel lokal sichtbar und erlebbar macht“, erklärt Ingo stolz, „das zeigt der Stadt und auch den Bürger*innen, wie Stadtgestaltung von unten funktionieren“. Im September findet das erste Training for Transition in Brandenburg statt, und zwar in Eberswalde.

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