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Porträt

BBIW#43 // Tiny Forest bei Zichow

Öffentlicher Raum Klimaschutz Umweltschutz

von Anika Lemm - 27 Mai 2020

Lukas und Stefan von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde haben gemeinsam mit Freiwilligen ein Tiny-Forest-Projekt in der Gemeinde Zichow in der Uckermark umgesetzt. Von der ersten Idee bis zur Pflanzung ist nun ein halbes Jahr vergangen und die beiden geben uns einen Einblick in die spannende Prozessgestaltung des Projektes.

Funke der Inspiration

Lukas und Stefan haben sich im Studium in Eberswalde kennengelernt und sich schnell angefreundet. Sie überlegen oft gemeinsam, welche Projektideen man in die Welt hinausbringen könnte, um sie ein bisschen besser zu machen. Im vergangenen Jahr stieß Lukas zufällig auf einen TED-Talk mit einem japanischen Professor, der die Idee des Tiny Forests erklärte und ihn schnell dafür begeisterte. „Ich fand das spannend und dachte mir: hey, das können wir auch hier in Brandenburg machen". Seitdem spukte die Idee in den Köpfen der beiden herum, bis Lukas sie schließlich wieder im Rahmen seiner Bachelorarbeit aufgriff. Was begeisterte ihn so an dem Konzept?

Miniaturökosystem Tiny Forest

Ein Tiny Forest ist ein sehr diverser kleiner Wald, der auf einer Fläche von 500 Quadratmetern oder mehr angelegt wurde. Besonders ist, dass er nur mit regionalen und angepassten Gehölzen bepflanzt wird, die sich in einem engen Pflanzverband befinden. Durch die Konkurrenz der heranwachsenden Sträucher und Bäume wächst der Wald 10 mal so schnell wie ein konventioneller Forst und bietet dabei gleichzeitig eine deutlich höhere Biodiversität. So entsteht innerhalb weniger Jahre ein Kleinod, das als Rückzugsort für Vögel und Insekten dient, den Bodenwasserhaushalt verbessert und die Luft der Umgebung rein hält. Ein Tiny Forest kann sowohl im ländlichen wie im städtischen Raum angelegt werden und an beiden Orten für mehr Strukturvielfalt sorgen. Es sind weder viel Platz noch viele Ressourcen für die Anlage nötig und das Konzept gibt somit allen Flächenbesitzer*innen die Möglichkeit, einen Beitrag zum Klimaschutz durch Aufforstung zu leisten.

Wohin mit dem Tiny Forest?

Nachdem Lukas und Stefan den Plan gefasst hatten, selbst einen Tiny Forest anzulegen, galt es verschiedene Herausforderungen wie die Flächenakquise und die Finanzierung zu meistern. Ein Ort für das Projekt war schnell gefunden: Catarina Skirecki, mit der die beiden in der Vergangenheit schon häufiger zusammengearbeitet hatten, stellte eine Wiese neben ihrem Seminarhaus in der Uckermark zur Verfügung. Catarina war ebenfalls sehr angetan von der Idee und freute sich über diesen interessanten Zuwachs auf ihrem Gelände. So konnten sich Lukas und Stefan sicher sein, dass ihr kleiner Wald dort langfristig gesichert wäre. Für die materiellen Kosten der Anlage wurde eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, um die nötigen 10.000€ zusammenzubekommen. „Wir hatten nie zuvor einen Bagger gemietet oder uns mit Bagger fahren auseinandergesetzt, so dass unser erstes Angebot eine astronomische Höhe hatte, die die Crowdfundingsumme weit überschritt", schmunzelt Lukas. Durch etwas Geschick konnten aber ein Bagger und ein Baggerfahrer gefunden werden, die den Kostenrahmen nicht sprengten. Nun konnte die Flächenvorbereitung zügig beginnen.

Vorbereitung und Bepflanzung der Fläche

Um den Boden auf die Pflanzung vorzubereiten, wurde er bis 80 cm Tiefe einmal umgegraben und lokale Biomasse wie Stroh, Kompost und Hackschnitzel eingebracht. Innerhalb eines Wochenendes wurde die ehemalige Wiese mit Hilfe von freiwilligen Helfer*innen bepflanzt, die die 33 verschiedenen Gehölze eng zueinander setzten. Der Boden wurde anschließend mit Stroh abgedeckt, um das Wasser besser im Boden zu halten und den Beikrautdruck niedrig zu halten. „Die einzige Pflege könnte das Gießen in trockenen Sommern werden in den ersten zwei oder drei Jahren", erklärt Stefan. Danach solle sich das System eigenständig erhalten und keiner Pflege mehr bedürfen, fügt Lukas hinzu.

Lokale und europaweite Perspektive für Tiny Forests

Lukas und Stefan haben sich mit Menschen auf der ganzen Welt vernetzt, die Tiny Forests selbst angelegt haben. Ein einschneidendes Erlebnis war für Lukas ein Besuch in den Niederlanden, die eine Vorreiterrolle bei der Anlage von Tiny Forests in Europa einnehmen. „Ich stand davor und habe mir gedacht, es kann doch nicht sein, dass in drei Jahren das ganze hier so explodiert ist. Wie haben die das gemacht?“, berichtet er vom Besuch eines Tiny Forests in Amsterdam. Es werden viele weitere Projekte in der kommenden Zeit in den Niederlanden folgen. Und in Deutschland? Auch hier tut sich einiges, vor kurzem hat sich ein Verein in Hamburg gegründet und ihren ersten Tiny Forest gepflanzt. Stefan war vor Ort und hat mit den Verantwortlichen gesprochen: „Es war toll, so viele Leute von der gleichen Idee begeistert zu sehen und sie waren offen, ihr Wissen zu teilen.“ Da komme ein richtiges Bewegungsgefühl auf. In Brandenburg ist nun mit ihrem Projekt auch der Stein ins Rollen gekommen, hoffen Stefan und Lukas.

Wie es weiter geht

Die beiden wünschen sich sehr, dass bald ähnliche Projekten folgen, da sie den Arbeitsprozess nun bereits kennen. „Für uns beide gibt es nicht viel schöneres, als seine Energie in etwas zu stecken, worin man eine Sinnhaftigkeit sieht", erklärt Stefan. Heutzutage vor dem Hintergrund des Klimawandels sei es absolut sinnvoll, weitere kleine Wälder zu pflanzen. Sie seien sowohl offen für Anfragen aus Kommunen wie von Privatleuten und besonders für städtische Projekte sehen sie eine Chance, den Menschen im urbanen Raum die Natur wieder ein Stückchen näher zu bringen. Auch würden sie gerne mit Bildungseinrichtungen wie Schulen und Kitas kooperieren. „Kinder könnten so Kontakt zur Natur bekommen und sich beim Pflanzen richtig auspowern. Außerdem lernen sie Gehölze kennen und bekommen einen direkten Bezug zu dem, wo sie selbst mitgeholfen haben“, erzählt Lukas. Auch für Unternehmen als Teambuildingmaßnahme sei ein derartiges Projekt denkbar. „Es macht scheinbar jedem Spaß, in der Erde zu wühlen, etwas Gutes für die Erde zu machen und es macht einfach total Freude, da zuzuschauen!“, finden beide. Sie sind zuversichtlich, mit weiteren Projekten die Naturverbundenheit der Menschen zu fördern und einen positiven Beitrag für die Erhaltung der Biodiversität zu leisten.

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