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Porträt

BBIW#41 // Landwirtschaftsbetrieb Domin – Agroforst in Brandenburg

Erneuerbare Energien Landwirtschaft Umweltschutz

von Anika Lemm - 13 März 2020

Wir treffen Thomas Domin auf seinem Acker in Peickwitz im Süden Brandenburgs. Er ist seit über 20 Jahren Landwirt und hat den 330 Hektar großen Betrieb von seinem Vater übernommen. Der Acker, auf dem er steht, unterscheidet sich jedoch grundlegend von dem, wie ihn umliegende Landwirt*innen bewirtschaften - es ist ein Agroforstsystem.

In der ökologischen Landwirtschaft gibt es verschiedene Ansätze, um Naturschutz und die Bewirtschaftung durch den Menschen miteinander zu vereinen. Ein Beispiel dafür ist im Videoporträt BBIW#15 Ökohof Waldgarten zu sehen; dem Betrieb liegt die Biodiversitätssteigerung des ganzen Systems am Herzen und es wird durch die Kombination verschiedenster Kulturen ein lokales Ökosystem aufgebaut. Eine andere Herangehensweise ist das Agroforstsystem, das ebenfalls eine Lösung anbietet, um Ökosystemleistungen zu erhalten und aufzubauen, wodurch die Ressourcen Boden und Landschaft für eine langfristige Nutzung gesichert werden. Vor dem Hintergrund des Klimawandels und zunehmender Wetterextreme in Brandenburg ein Schritt in die richtige Richtung?

Agroforst – was ist das eigentlich?

Die Idee des Agroforstsystems beruht darauf, Gehölze und Ackerkulturen miteinander zu kombinieren und gemeinsam auf einer Fläche anzubauen. Es ist auch eine Kombination mit Tierhaltung möglich. Das Zusammenspiel der beiden Nutzungsarten birgt Vorteile für den konventionell wirtschaftenden Landwirt: „Seit der Pflanzung der Gehölze haben sich die Windgeschwindigkeiten stark verringert und Sandstürme wie früher gibt es nicht mehr", berichtet Thomas stolz. Damit bieten die Gehölzstreifen einen wirksamen Schutz vor Erosion und durch die Beschattung wird die Verdunstung verringert, sodass sogar leichte Mehrerträge der Kulturen möglich sind. Als Gehölze kommen schnellwachsende Baumarten wie Robinien, Pappeln und Erlen infrage, die CO₂ aus der Luft binden und im Boden speichern – ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. Dies ist in Deutschland zurzeit die einzige rechtlich mögliche Nutzung für ein Agrofortsystem. Zudem bilden die Gehölzstreifen eine physische Barriere zu umliegenden Gewässern, sodass Stoffeinträge aus der Bewirtschaftung minimiert werden und die Nitratbelastung des Grundwassers durch die filternde Wirkung der Wurzeln sinkt. Die Gehölze können alle paar Jahre entweder energetisch oder stofflich verwertet werden und weisen eine Nutzungsbandbreite von Holzhackschnitzeln bis hin zu Baumaterialien auf. Diese Art der Nutzung ruft auch Kritiker auf den Plan, da durch die regelmäßige Entnahme der Gehölze das entstandene Ökosystem erheblich gestört wird und nur eine Stoffentnahme von der Fläche erfolgt, ohne diese auszugleichen. Sicherlich gibt es noch andere Wege, Agroforstsysteme noch nachhaltiger zu nutzen; hier stellen wir mit der Bewirtschaftungsweise von Thomas Domin ein Beispiel vor, das zumindest in die richtige Richtung weist.

Thomas‘ Weg zum Agroforst

Thomas ist im Internet eher zufällig mit dem Konzept des Agroforstsystems in Kontakt gekommen. Was ihn tatsächlich dazu bewegte, eines auf seinem Acker anzulegen, war eine Anfrage von Dr. Böhm von der BTU Cottbus-Senftenberg. Dieser suchte einen Betrieb für ein Forschungsprojekt und war auf Thomas aufmerksam geworden, weil der Landwirt in der Vergangenheit bereits einige innovative Projekte ins Leben gerufen hatte. „Ich habe immer versucht, die Herausforderungen der Landwirtschaft anzunehmen und so haben wir 2005 eine Biogasanlage, 2010 eine Photovoltaikanlage auf den Dächern des Betriebs und schließlich 2015 ein Agroforstsystem installiert." Dr. Böhm habe ihn beim Besuch des Betriebs schnell für die Vorteile dieses Systems begeistert, wodurch die Kooperation zwischen der Universität und dem Landwirt zustande kam. Da es sich um ein Forschungsprojekt handelt, wurden sowohl unterschiedliche Baumarten als auch verschiedene Abstände zwischen den Baumreihen gewählt, um die Wechselwirkungen zu erforschen.

Auf Schwierigkeiten trifft man immer, wenn man versucht, etwas Innovatives umzusetzen. Trotz einiger Rückschläge blieb Thomas von der Idee des Agroforsts überzeugt. So rechnet sich die Holznutzung momentan nicht wie geplant, da die Holzpreise sehr niedrig sind und er somit nicht konkurrenzfähig ist. Immerhin kann Thomas die hofeigenen Betriebsgebäude mit den Hackschnitzeln aus den Gehölzen heizen. Es gab auch viele kritische Stimmen, wie denn der Flächenverlust und die Kosten für die Anlage des Systems zu kompensieren wären. Man müsse auch die Umweltleistung sehen, die so ein System erbringen könne und wenn man diese monetarisiert, dann rechnet sich die Anlage ganz schnell, erklärt Thomas. „Wenn ich die Leute mit hinausnehme auf den Acker und zeige, wie das System funktioniert, kann man sie schnell überzeugen. Wir haben auch schon einige Nachahmer gefunden!“

Verbandsarbeit für mehr Agroforst in Deutschland

Rechtliche Grundlagen, die z.B. die Auswahl der Gehölze stark einschränken und die hohen Kosten für die Anlage eines Agroforstsystems hindern interessierte Landwirt*innen daran, auf ihren eigenen Flächen Anlagen anzupflanzen. Aus diesem Grund und um die Idee des Agroforstsystems in Deutschland bekannter zu machen, hat Thomas zusammen mit Mitgliedern des Bauernverbandes, des Forschungsprojektes „Aufwerten“ und Mitgliedern aus Umwelt- und Naturschutzverbänden den deutschen Fachverband für Agroforstwirtschaft gegründet. Die Gruppe von knapp 100 Gleichgesinnten zusammengesetzt aus Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen möchte die Agroforstwirtschaft voranbringen. Ihre Ziele sind, neue Baumarten und andere Anlagedesigns für die Äcker auf rechtlich sichere Beine zu stellen und das Agroforstsystem als mögliche Agrarumweltmaßnahme zu etablieren. Die Politik ist schnell auf den Verband aufmerksam geworden und es besteht eine gute Vernetzung zwischen den beiden Akteuren. Kürzlich hat der Verband ein Konzept für die Agrarumweltmaßnahme Agroforst vorgelegt – die Annahme von diesem Konzept wäre ein wichtiger Schritt, um Agroforstsysteme auch in anderen Bundesländern populär zu machen und einen finanziellen Ausgleich für die Landwirt*innen für die Anlage ihrer Systeme zu schaffen.

Und wie geht es nun weiter für Thomas Domin? „Ein Landwirt sollte immer mit der Zeit gehen und sich neuen Sachen öffnen. Dazu bin ich immer gerne bereit." Sein Betrieb habe sich in den vergangenen Jahren stetig gewandelt und wird dies auch weiterhin tun. Mit dieser Einstellung könnte Thomas ein Bindeglied zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft darstellen, die eine Grundlage für die Weiterentwicklung der fachlichen Praxis hin zu einer verträglicheren und ökologischeren Bewirtschaftungsweise in der Zukunft darstellt.

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