Die Einschränkungen, die das Coronavirus mit sich bringt, scheinen uns in Deutschland noch eine ganze Weile erhalten zu bleiben. Sie sind aber auch Quelle für viele kreative Ideen, um mit der Krise positiv umzugehen und vielleicht sogar einen langfristigen Mehrwert für die Gesellschaft zu schaffen. Inspiriert wurden Karen Rike Greiderer und Ingo Frost, die sich beide sehr für nachhaltige Mobilität durch Lastenräder einsetzen, durch eine Bekannte aus Hildesheim, die kurzerhand einen Lastenradlieferdienst ins Leben gerufen hatte. „Wir dachten, dass man das auch in Eberswalde machen kann“, erzählt Karen. Einige regionale Akteur*innen wie die Hochschule für nachhaltige Entwicklung oder der Bäcker Wiese haben sich daraufhin zusammengefunden, um zu überlegen, wie die Idee in Eberswalde umzusetzen ist.
Die Gruppe ist zu dem Schluss gekommen, dass es am unkompliziertesten ist, eine zentrale Telefonnummer für den Dienst einzurichten. Die Bestellungen werden durch Sören Prigge, Betreiber des Ladens Tante Sören, aufgenommen. Er hatte sich schnell bereit erklärt, diese Aufgabe zu übernehmen. Wie viele andere Läden, die nicht der primären Versorgung der Bürger*innen dienen, musste auch Sören sein Geschäft vorübergehend schließen. Statt wie gewöhnlich nachhaltige Kioskwaren und Spiele zu verkaufen, hat er es sich nun zur Aufgabe gemacht, vormittags Bestellungen aufzunehmen und diese an die Freiwilligen weiterzuleiten, die nachmittags einkaufen und anschließend die Einkäufe zustellen.
Der Lastenradverleih in Eberswalde stellt seine Transporträder zur Verfügung, um während der Krisenzeit Menschen kostenlos mit Einkäufen zu beliefern. Freiwillige können ganz einfach helfen, ohne einen Führerschein zu benötigen oder Zeit bei der Parkplatzsuche aufwenden zu müssen. So können schnell und einfach Menschen beliefert werden, die unter den gegebenen Umständen das Haus nicht verlassen sollten oder dürfen.
Partnerin der Aktion ist die Akademie 2. Lebenshälfte, wo sich normalerweise Menschen jenseits der 60 Jahre treffen, um sich weiterzubilden, auszutauschen und von Sprachen bis Technik Neues zu erlernen. Nun werden hier Bestellungen der Teilnehmer*innen aufgenommen, die alle der Risikogruppe angehören; durch das Hilfsangebot aus einer bekannten Struktur können die Senior*innen direkt erreicht werden und nehmen das Angebot eher an, als wenn es von fremden Personen kommen würde. „Bisher gibt es einiges an Bestellungen, aber Eberswalde scheint sich durch z.B. Nachbarschaftshilfe ganz gut selbst zu helfen“, meint Karen. Das sei auf seine Art auch ein gutes Zeichen. Außerdem scheint der Bedarf der Senior*innen weniger bei der Nahrungsmittelbeschaffung zu liegen als bei Gütern wie Büchern, um sich die Zeit zu vertreiben.
Bei der Auswahl der Produkte für die Einkäufe wird darauf geachtet, Läden vor Ort mit regionalem Sortiment zu unterstützen. Dazu gehören in Eberswalde beispielsweise die Krumme Gurke oder der Globus Naturkost. Damit sollen kleine Läden und Betriebe aus der Region unterstützt werden, die unter der Coronakrise besonders zu leiden haben. Falls gewünscht, können natürlich auch Produkte aus anderen Läden bestellt werden.
„Nach dem Ende der Krise würden wir auf jeden Fall gerne weitermachen“, berichtet Karen. Gerade wird das Konzept weiterentwickelt und überlegt, wie es zukunftstauglich gemacht werden kann. „Vielleicht können wir langfristig einen Fahrradkurierdienst einrichten, in Eberswalde gibt es so etwas noch nicht“, überlegt sie. Karen wird sich weiterhin dafür einsetzen, die Nutzung von Lastenrädern und Lastenradsharing zu fördern, um etwas dazu beizutragen, die nachhaltige Mobilität in Eberswalde zu fördern.
Titelbild
Urheber: Ingo Frost