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Porträt

BBIW#6 // fablab Cottbus

Produktdesign DIY Open Source

von Alexandre Schütze - 18 August 2016

Fablab steht für fabulous laboratory und ist eine Erfindung der Modeindustrie – Unsinn, es geht um 3D-Drucker und self-empowerment. Wir sind zu Gast beim fantastischen Nanu im fablab Cottbus, wo eingestaubte Zukunftsmotoren ihr Revival zelebrieren. Fablabs sind offene Werkstätten der Demokratie und Transparenz, zugänglich für alle Macher*innen und solche, die sich noch nicht Praktiker nennen. The future is now!, und fablab gibt ihr einen Namen.

Auf den ersten Blick könnte dieser Ort die Werkstatt eines Lehrstuhls für Maschinenbau und Elektrotechnik sein. Wir befinden uns auf einem Uni-Gelände, an der BTU Cottbus, das Mobiliar besteht aus den klassischen Schultischen und -Stühlen und ein Oszilloskop, dessen Notwendigkeit außerhalb des Physikunterricht ich noch nicht verstanden habe, steht gewaltig in der Mitte des Raums. Schauen wir genauer hin, erscheinen die Sofas, die Nähmaschine und einige Plakaten, die uns die Wahrheit verraten: hier geht es nicht nur um lernen und herstellen, sondern auch um Begegnungen und Kreativität. Wir sind im fablab Cottbus, eine offene Mitmachwerkstatt.

Fablab steht für fabrication laboratory (deutsch "Fabrikationslabor"). Der Begriff und das erste fablab sind 2002 am Massachusetts Institute of Technology (MIT) entstanden und danach rasch expandiert. Allein im deutschsprachigen Raum beziehen sich über 50 Werkstätten auf diese Bezeichnung oder Ähnliche wie „offene Werkstatt“ oder „Makerspace“. Ziel eines fablabs ist, Privatpersonen den Zugang zu Werkzeugen (vom Schraubenzieher zur CNC-Fräsmaschine) für die Produktion oder Reparatur von Einzelstücken zu ermöglichen. Dabei geht’s allerdings nicht nur um das Werkeln, sondern auch um offene Verfahren. Transparenz und Demokratie sind hierbei Grundprinzipien, sowohl in den Entscheidungsstrukturen der Werkstatt (viele sind als Verein gebaut) als auch in der Produktion, wo Open-Source-Lösungen und Themen wie Open Hardware immer ganz oben auf der Agenda stehen. Natürlich sind 3D-Drucker, die all diese Komponenten zusammenfassen, oft Herzstück einer Werkstatt.

Auch in Cottbus fing es mit einem 3D-Drucker an: Der Mitbewohner von Nanu, der uns heute empfängt, hatte einen 3D-Drucker für sich gebaut. Und wie es bei allen Werkzeugen immer ist, sammelt es am Ende mehr Staub als es benutzt wird. Die durchschnittliche Nutzungsdauer einer Bohrmaschine liegt angeblich bei 13 Minuten.
Plötzlich, pragmatisch, gut…schon war die Idee einer offenen Werkstatt da. Und sie war so überzeugend - oder so überzeugend vorgestellt, dass sie einige Unterstützer*innen für sich gewinnen konnte: eine Gruppe von Studenten der BTU Cottbus, ein Lehrstuhl der Uni, der eine 80m² große Werkstatt zur Verfügung stellte und der Studierendenrat der BTU, der 2014 der Initiative den ersten Platz seines Ideenwettbewerbes und dem damit verbundenen Geldpreis erteilte. Maßgebend für diese letzte Entscheidung war unter anderem der Multiplikatoreneffekt der Förderung; durch die Finanzierung des Projektes konnten nämlich weitere Uni-Projekte vorangetrieben werden.

Seit zwei Jahren existiert jetzt das fablab Cottbus und zu dem 3D-Drucker sind weitere Werkzeuge gekommen, eine Trennwand wurde gebaut, um die Elektrogeräte von dem Staub der Holzwerkstatt zu schützen und die Projekte haben sich vermehrt. Zusätzlich zu den einzelnen Privatprojekten und punktuellen Reparaturen, wofür Menschen den Mitgliedbeitrag von 12€/Semester einmal bezahlen und dann wieder verschwinden, gibt es auch regelmäßige Besucher. Für diese Menschen, initiieren Nanu und das Kernteam Workshops und gemeinsame Projekte, die den Austausch ermöglichen und die Zusammenstellung der einzelnen Kompetenzen benötigen.
Denn am Ende geht es mehr um die Entstehung, als um das entstandene Produkt. Die Philosophie des fablabs ist für Nanu ziemlich klar: sich trauen, sein Leben selbst zu gestalten. Wieder mal Akteur seines Umfelds und seines Alltags zu werden. Die fablabers sind keine Freaks, die Maschinen verehren, sondern vielleicht Menschen, die ihre Kontrolle über die Technologie zurückerobern wollen.

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