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Porträt

BBIW#12 // Uferwerk Werder

Ökologisches Bauen Wohnen Wohnprojekte

von Claudia Dube - 10 Oktober 2016

Das Mehrgenerationenprojekt in Werder bei Potsdam ist über den Berg, wie Wenke vom Uferwerk zuversichtlich und nicht ohne Stolz feststellt. Sah es am Anfang noch nach einem schwer stemmbaren Mammutprojekt aus, so wurden gemeinschaftlich Lösungen gefunden, die die Idee Realität werden ließen.

Die Uferwerk eG ist eine Bau- und Wohngenossenschaft, die seit Oktober 2014 ein altes Fabrikgelände in Werder ihr Eigen nennt. Die Gebäude wurden und werden immer noch unter ökologischen und energieeffizienten Gesichtspunkten saniert. Bis Ende 2016 sollen in den Gebäuden am großen Zernsee 140 Menschen, von Säugling bis Rentner, in 60 Wohneinheiten Platz gefunden haben. Die Idee entstand aus dem Wunsch heraus, dass Nachbarschaft doch noch mehr sein könnte, als „Hallo“ und vielleicht mal ein Kaffee zusammen. Gut, solche Ideen gibt es auch in Berlin und anderen Großstädten. Was macht das Uferwerk also so besonders? Für Karin ist es die Tatsache, dass sie hier Teil von etwas ist und dass die Bewohner einen gemeinsamen Lebensmittelpunkt haben, zu dem jeder beiträgt was er kann. So entstehe eine Grundakzeptanz den Mitbewohnern gegenüber, die auch im Konfliktfall bestehen bleibt. Auch für Wenke ist das Wertvolle das Mehrgenerationenkonzept. Sie hätte nie großes Interesse an Genossenschaftsprojekten in Berlin gehabt, da hier am Ende nur junge Familien zusammengelebt hätten. Das hätte mehr Konfliktpotential gehabt, als sie es jetzt hier im Uferwerk wahrnimmt.

In Werder da gibt es, neben anderen Wohngruppen, die Küchengruppe. Das Schöne an dem Wohnkonzept ist, dass es mehrere eigenständige Wohneinheiten gibt, die sich eine große Küche teilen. Dabei geht es, wie in Karins Fall, um das gemeinschaftliche Kochen und Essen. Für Uwe, der mit seiner Familie zur Küchengruppe gehört, ist es der Punkt der Arbeitserleichterung, man kocht nicht mehr jeden Abend für eine Kleinfamilie, sondern einmal in der Woche für Mehrere. Jeder ist mal dran, für die Gemeinschaft.

Eine der Entscheidungen, die z.B. im Bauprozeß gemeinschaftlich getroffen wurde, war die, dass möglichst ökologisch gebaut werden sollte.Das wurde z.B. in Form des Strohballenhauses umgesetzt. In der Anfangsphase haben zu nahezu jedem Kniff der Baukunst Workshops stattgefunden. So ist der Ort auch eine Art Innovationsmotor für die Region. Und auch entgegen den anfänglichen Gerüchten, dass jetzt hier eine Sekte lebt in der munter die Partner reihum getauscht werden, ist man in der Nachbarschaft mittlerweile ganz gut angekommen.

Für Timo ist es auch eine politische Angelegenheit. Er findet es in Zeiten zunehmender Spekulationen auf dem Immobilienmarkt und den daraus resultierenden exorbitanten Preisen wichtig dem Markt die immerhin 1,7 ha große Fläche entzogen zu haben. So kann die Gemeinschaft entscheiden, wie der Wohnraum bezahlbar bleibt. In diesem Sinne wird z.B. auch ein Solifond eingerichtet werden, der es Bewohnern in wirtschaftlichen Engpässen erlaubt dort wohnen zu bleiben. Niemand soll gezwungen werden den Wohnort mit dem er sich identifiziert verlassen zu müssen. Unter dem Damoklesschwert der Altersarmut sollte das ein, auch von staatlicher Seite, zu fördernder Ansatz sein. So schlägt Wenke vor, dass Genossenschaften, die ein öffentliches Interesse bedienen, bevorzugt werden, wenn Grundstücke aus öffentlicher Hand zum Verkauf ausgeschrieben werden.

Für Uwe war es der vierte und möglicherweise letzte Anlauf in einem alternativen Wohnprojekt unterzukommen. Teilweise seien ihm die Vorgaben, um in die Gemeinschaft zu gehören zu engstirnig gewesen. Hier in Werder ist es bodenständiger. Zusammen leben, Gemeinschaft leben, aber nicht stur einer Linie folgen. In Werder lebt jetzt keine Sekte, nur eine Mehrgenerationenwohngemeinschaft, die den Widrigkeiten der Gesellschaft Gemeinschaft entgegensetzt.

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