Am 30. Juli war es endlich soweit: Der Verein S.A.N.D.E e.V. bekam den Zuschlag für den alten Gutshof in Neuendorf und unterschrieb den Kaufvertrag. Das Großprojekt bekam dabei Unterstützung von vielen Seiten. Sowohl die Stiftung Trias, als auch die Stiftung Edith Maryon finanzierten den Kauf des Grundstücks, die Gebäude werdem dem Verein nun über einen Erbpachtvertrag nach klassischem Mietshäuser Syndikat-Modell überlassen. Doch auch andere ähnlich gesinnte Gruppen halfen mit einem Darlehen aus. Denn die vielen geplanten Projekte kosten Geld. Nicht nur die bestehenden Gebäude müssen renoviert werden, es sollen auch alte Nutzgebäude umgebaut werden und durch Neubebauung weitere Wohn- und Gewerbeflächen entstehen.
Boden und Wohnraum sollen dabei jedoch kein Spekulationswert sein, sondern sozialverträgliches Wohnen und ökologische Landwirtschaft sichern. Solidarität, soziale und ökologische Achtsamkeit bilden als Grundwerte die Basis aller Unternehmungen, weshalb die aktuell 30 Bestandsmieter des Hofes auch direkt mit ihren Vorstellungen in die neuen Pläne einbezogen werden.
Der Name des Vereins ist dabei bei allem Programm. S.A.N.D.E steht für die fünf Grundpfeiler der Projekte: Sozialverträglicher Wohnraum, Aus- und Weiterbildung, Nachhaltige Landwirtschaft, Demokratiebildung und -förderung, Erinnerung an das Erbe der Hachschara.
Wie schon in den Gründerzeiten des Hofes soll es möglich sein, dort eine handwerkliche Ausbildung zu absolvieren. Die zukünftige Schreinerwerkstatt wird natürlich ebenfalls unweltverträglich, nachhaltig und emissionsarm arbeiten. Dazu könnten noch eine KFZ- und eine Fahrradwerkstatt, sowie eine Zeltmanufaktur kommen. Die Energieversorung soll hierfür in einem regenerativen Gesamtkonzept mithilfe Solarthermie und Blockheizkraftwerk sichergestellt werden. Im Zentrum der Landwirtschaft steht die Bewahrung der Vielfalt durch den Anbau alter Obst- und Gemüsesorten. Dabei hilft die Erfahrung aus Jahrhunderten gepaart mit moderner Technologie. Und nicht nur für Menschen soll Lebensraum entstehen, auch Pflanzen und Tiere werden auf dem 36 Hektar großen Landstück ihren Rückzugsraum bekommen. Dafür sollen einige Teile des Geländes der Natur überlassen und ungenutzt bleiben.
Auch die Vergangenheit bekommt ihren Raum
Nachdem das Landwerk Neuendorf 1932 als Arbeits- und Ausbildungsstätte auf dem Gutshof gegründet wurde, das jüdische Jugendliche auf ein neues Leben im Ausland vorbereiten sollte, wurde es 1941 ein NS-Zwangslager von dem aus viele Deportationen nach Ausschwitz starteten. Unter anderem die Montessori-Mitbegründerin Clara Grunwald arbeitete dort als Erzieherin und wurde mit der letzten großen Gruppe nach Auschitz-Birkenau deportiert und vergast. Schon in der Vergangenheit gab es wechselnde Ausstellungen auf dem Gelände, die an das Leben der Deportierten erinnerten. Nun soll für die Geschichte des Gutshofes von der Hachschara-Ausbildungsstätte über das nationalsozialistische Arbeitslager eine Dauerausstellung eingerichtet werden.
Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen.
Zuletzt hat es sich der Verein, der sich aus Menschen unterschiedlichster Fachrichtungen zusammensetzt und basisdemokratisch organisiert ist, zur Aufgabe gemacht, die Demokratie nicht nur zu leben, sondern diese auch zu fördern. Mit politischen Seminaren, Führungen für Schulkassen, Begegnungen mit Zeitzeugen und Ausstellungen schlägt man den Bogen von der Vergangenheit zur Gegenwart. Die Historie soll aufgearbeitet, aber nicht vergessen werden. So kann den aktuellen politischen Strömungen mit einem kritischen Blick begegnet und Intoleranz und von Angst geprägtem Rassismus ein friedliches, zukunftsorientiertes Miteinander entgegengesetzt werden.
Kontakt zum Projekt gibt es hier: www.zusammen-in-neuendorf.de
Titelbild
Lizenz: Zusammen in Neuendorf S.A.N.D.E e.V.
Ich wohne seid einigen Jahren in der Nähe, der Ort zieht mich immer an und ich würde dort gern leben aber bisher kam es nicht dazu.
ICH bin gespannt was wird und vielleicht ergibt sich ja was.........