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Ideenverwertung im transparenten Bienenschwarm

Sie haben nicht nur das gleichlautende Kürzel wie der Dachverband der Deutschen Imker, es wuselt bei Ihnen in diesen Tagen wohl auch wie in einem Bienenstock in Zeiten sommerlicher Blütenpracht: Demokratie in Bewegung (DiB), Ende April als bundesweite Partei gegründet, hat nur noch wenige Tage Zeit, um die erforderlichen Unterschriften zu sammeln und verifizieren zu lassen, damit man als Partei auf den Wahlzetteln zur Bundestagswahl im September erscheint.

von Andreas Gerlof
Themen Öffentlicher Raum
13 Juli 2017

Je nach Bevölkerungszahl des jeweiligen Bundeslandes schreibt der Gesetzgeber bis zu 2.000 solcher Einwohner-Unterschriften vor. Eine Zahl, die in NRW, Hamburg und Berlin wohl von DiB erreicht wird, in einem Flächenland wie Brandenburg aber vergleichsweise schwer zu bekommen ist. „Die Crux ist eben, dass nicht nur die Unterschrift an sich genügt. Sie muss auch noch durch die Kommunen, in denen die Unterschreibenden wohnen, bestätigt, verifiziert werden.

Gut die Hälfte davon haben wir, bis Mitte Juli können wir noch sammeln und dann brauchen wir die Zeit bis zum Abgabedatum zur Verifizierung“, kommentiert Faina Dombrowski, stellvertretende Brandenburger Landesvorsitzende die gegenwärtige Situation. Und ergänzt: „Und dann muss endlich die inhaltliche Arbeit wieder in den Vordergrund treten, bei aller Notwendigkeit der Unterschriftensammlung.“
In ihren Grundsatzdokumenten formuliert DiB Ansprüche, die man so oder ähnlich auch bei etablierten Parteien des eher linken Spektrums finden könnte: einen demokratischen Neuanfang im 21. Jahrhundert wagen, soziale Ungerechtigkeit ins Zentrum der politischen Agenda rücken, der Ungerechtigkeit an die ökonomischen Wurzeln gehen. Und die für DiB erklärtermaßen wichtigsten Werte – Demokratie, Gerechtigkeit, Weltoffenheit und Zukunftsorientierung – würden wohl auch viele Konservative bejahen. „Unsere politische Zielgruppe ist aber nicht das angestammte Wählerpotenzial von Grünen, Linken oder Piraten. Wir wollen eher die Nichtwähler ansprechen, jene 18 Millionen Wahlverweigerer, die sich im aktuellen Parteiensystem nicht oder nicht mehr vertreten sehen. Wenn die alle einer neuen Partei zustimmen würden, dann wäre die Kanzlerpartei“, spitzt Faina Dombrowski zu.

Programmatisch hoffen die DiB-Aktivisten in zweierlei Hinsicht auf Zuspruch: Zum einen soll Mitbestimmung in ihrem Sinn zu einer echten Gesellschaft der Bürgerinnen und Bürger führen. Nach dem „Initiativprinzip“ soll jeder, ob wahlberechtigt oder nicht, Ideen einbringen können. Wenn diese in einem gewissen Zeitraum genug „BewegerInnen“, also Unterstützer, finden und mit den Grundwerten der Partei übereinstimmen, dann soll nach erfolgreicher Prüfung durch ein Expertengremium diese Idee Teil des Parteiprogramms sein. Dass auf solche Art praktizierte Basisdemokratie auch ihre Tücken haben kann und die Gefahr birgt, sich in Grabenkämpfen widerstreitender Ideen zu verlieren, ist den DiBlern klar. Aber es ändert nichts an diesem wohl in Deutschland einmaligen programmatischen Ansatz.

Zum anderen soll unter dem Schlagwort „Transparenz“ das eigene Innenleben der neuen Partei ausgestaltet werden. Ein strenger Ethik-Kodex, die Festlegung von Funktionsausübungen über maximal zwei Wahlperioden, ein gefordertes Lobbyregister und die strikte Ablehnung von Geldspenden durch Unternehmen illustrieren das. „Natürlich darf uns ein erfolgreicher Unternehmer unterstützen. Aber lediglich als Privatmann. Da kann er sich die Spende in seinem persönlichen Steuerbescheid anrechnen lassen, aber eben nicht bei der Unternehmenssteuer“, erläutert Faina Dombrowski. So will DiB finanziell unabhängig sein und etwas gegen den Lobbyismus der Industrie in der Politik tun.

Es geht also vor allem um das „Wie?“ in der Politik, mit dem sich DiB von den älteren Parteien unterscheiden will. Sollte man für die diesjährige Bundestagswahl in Brandenburg nicht auf den Wahlzettel kommen, dann ist das nicht das Ende des DiB-Landesverbandes. Man wird sich auf die Landtagswahlen unterm Roten Adler 2018 konzentrieren und dann eben neu in Richtung Bundestagswahl 2021 denken. Und bis dahin weiter politische Ideen und deren BewegerInnen suchen und publizieren, die die Demokratie auch in den Augen derjenigen wieder interessant machen, die momentan wenig an die Wahlurne treibt. Um das eingangs erwähnte Bild von der (fast) Kürzelgleichheit mit dem Deutschen Imker Bund (DIB mit großem I) noch einmal zu bemühen: Demokratie in Bewegung als beständiges Summen, vor allem, um die Summe der Nichtwähler zu verringern.

Titelbild
Urheber: DiB Webseite

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