REGISTRIEREN

Porträt

BBIW#26 // NaturBauHof

Ökologisches Bauen Handwerk Wohnen DIY

von Alexander Wenzel - 26 Oktober 2017

Dass man auch umweltfreundlich und ressourcenschonend bauen kann, zeigt ein Hof in der Prignitz. In Roddahn, unweit von Neustadt (Dosse), gelegen, gibt dieser nicht nur mehreren Familien ein Zuhause, sondern beherbergt auch den ‚NaturBauhof’. Mit Naturbaustoffen und Expertise wird hier allen weitergeholfen, die ökologisch bauen wollen. Und das weit über die Region hinaus.

Von der Stadt aufs Land. Diesen Traum erfüllen sich immer mehr Großstädter. Elisabeth Seyfferth und Andreas Wischner taten dies schon vor 25 Jahren. Nach dem Studium in Berlin ging es raus aufs Land: in das kleine Dörfchen Roddahn in der Prignitz. Dort ließen sich die beiden mit anderen Gleichgesinnten nieder und kauften einen Hof. Einen mehr als treffenden Namen gab sich die Gemeinschaft auch: ‚LandRausch’.

Nach Jahren des Sanierens, Bauens und Kindergroßziehens stellte sich jedoch irgendwann die Frage, wie und wovon man denn nun hier leben wolle. Warum nicht das, „was wir all die Jahre schon praktiziert hatten – ökologisches Bauen“ zum Beruf machen, dachten sich Elisabeth Seyfferth und Andreas Wischner. Dass dabei Lehmbau eine zentrale Rolle einnehmen würde, lag auf der Hand. Bei Lehmbauprojekten, veranstaltet vom Energieseminar der TU Berlin, haben sich die beiden kennengelernt und mit Lehm wurde auch der eigene Hof ausgebaut. Doch nicht nur private Erfahrungen haben den Ausschlag gegeben, sich für Lehmbau zu entscheiden. „Energetisch die sinnvollste Art zu bauen“ ist es für Andreas Wischner. Hinzu kommen viele weitere Vorteile: einfache und preiswerte Bauweise, sehr umweltfreundlich, hervorragende bauphysikalische Eigenschaften, hohe Wärmespeicherfähigkeit. Deshalb bietet der NaturBauHof auch, nicht nur verschiedenste Lehmbaustoffe an, sondern bringt bei Seminaren sowohl Laien, wie auch Fachleuten diesen idealen Baustoff näher.

Mit dem Lehmbau angefangen, zeigte sich schnell, dass auch auf vielen anderen Feldern Bedarf besteht, ‚ökologisch’ zu bauen. Wohin zum Beispiel mit den Abwässern, wenn die wenigsten Häuser an eine zentrale Kläranlage angeschlossen sind. Ein Problem, mit dem man sich auf dem eigenen Hof ebenfalls konfrontiert sah. Also wurde eine Pflanzenkläranlage gebaut, welche das Abwasser so reinigt, dass es anschließend problemlos versickern kann. Ein Muster zeichnet sich ab: neue Ideen wurden zunächst auf dem eigenen Hof getestet und erst anschließend weiterverbreitet. Das trug Früchte: heute kommen Anfragen aus ganz Deutschland. Und zwar so viele, dass man mittlerweile Kooperationen mit Landschaftsgärtnern und Tiefbauern eingeht, welche die Anlagen selbstständig planen und bauen. Das Know-how dazu kommt jedoch weiterhin vom NaturBauHof. Von Pflanzenkläranlagen zu Komposttoiletten war es dann ein kleiner Schritt. Einst ein Nischenprodukt, „ist das inzwischen ein kontinuierlich wachsender Sektor“, fasst Elisabeth Seyfferth diese Entwicklung zusammen.

'Zentrum für ökologisches Bauen'. Ursprünglich eine „Idee zum Überleben“, so Andreas Wischner, ist der NaturBauHof heute ein Betrieb, der sich vor Anfragen kaum retten kann. Im Vordergrund steht dabei eine ganzheitliche Beratung und Betreuung. Menschen, die ökologisch bauen wollen, wird „für ihr gesamtes Haus und für alle möglichen Schritte ein Konzept“ erstellt. Und das am liebsten persönlich. Auf einen Online-Shop wird bewusst verzichtet. Seinen Grundsätzen treu geblieben zu sein, ist man stolz. Das gilt auch für die innere Struktur, „wo wir uns grundsätzlich auf Augenhöhe begegnen“, sowohl was Entscheidungen, als auch das Gehalt betrifft. Denn wertvollere oder weniger wertvolle Arbeit gibt es laut Andreas Wischner beim NaturBauHof nicht. Als Kollektiv ist man jedoch auf ausdrücklichen MitarbeiterInnen-Wunsch hin nicht organisiert.

Das ‚Wie’ – wie man miteinander umgeht, bei der Arbeit, aber auch generell – spielt beim NaturBauHof eine große Rolle. Denn „wir können keine lebenswerte Umgebung schaffen, wenn das menschliche Miteinander nicht stimmt“, sagt Elisabeth Seyfferth. Sich davon zu überzeugen, dass man diese Philosophie auch lebt, ist ein Leichtes. Denn weitet man den Blick, auf Hofgemeinschaft und Dorf, sieht man: eine wahrlich lebenswerte Umgebung. Nicht nur der NaturBauHof, auch die Gemeinschaft und Roddahn entwickelten sich in all den Jahren. Neben einem vielfältigen Kultur- und Freizeitangebot im Dorf gibt es seit 1997 auch die ‚Freie Schule Roddahn’, die sich großer Beliebtheit erfreut. Ein Redakteur sah sich deshalb schon 2009 veranlasst zu schreiben: „Die Prignitz im Norden von Brandenburg: Menschen ziehen weg, das Land entvölkert sich. Aber im Dorf Roddahn und Umgebung ist alles anders. Hier sind mittlerweile keine freien Häuser mehr zu haben."

Für Elisabeth Seyfferth und Andreas Wischner geht es jetzt hauptsächlich darum, Zeit wiederzugewinnen. Natürlich ist man froh, dass der NaturBauHof so überaus positiv aufgenommen wurde. Doch für viele andere Dinge blieb die Zeit auf der Strecke. Und sich von der Arbeit beherrschen zu lassen, war sicher nicht, was man im Blick hatte vor 25 Jahren.

Schau dir die anderen Porträts an!

0 Kommentare KOMMENTIEREN
Diese Webseite verwendet Cookies, um Dir ein angenehmeres Surfen zu ermöglichen. Mehr erfahren OK